Nebenläufig hat der Pinz noch neuen Luft-, Benzin- und Ölfilter sowie einen kompletten Tausch aller Öle in Motor, Radantrieben, Differentialen, Untersetzungsgetriebe, Schaltgetriebe bekommen – vielen vielen Dank noch mal an Karlheinz, der seinen bei Gueller vorbestellten Ölfilter abgetreten hat und an letzteren (Gueller) für das kurzfristige Mitbringen von Federspanner, Abdrücker, Spreizer und dem rollenden Teilelager in Sachen Benzin- und Luftfilter – Einbau inklusive!
Aber zum Thema:
Vorgehen laut Werkstatthandbuch zivil 710M (907.1.70.307.5 0283)
Benötigte Materialien:
1x 710.1.32.260.9 Gruppe 3 10 - Dichtsatz Diff/Manschette (~ 170 EUR)
1x 10.1.42.300.2 Gruppe 4 01 - Dichtring Radantrieb (~ 26 EUR)
2x 710.14.42.304.1 Gruppe 4 01 Dehnschraube (~ 9 EUR/Stück)
1x 902.3775 Gruppe 4 01 O-Ring (keine Preisangabe da nicht bestellt und nicht getauscht)
Bremsflüssigkeit (zum Nachfüllen und Entlüften)
Getriebeöl (1x Radantrieb, 1x vorderes Differential)
Mehrzweckfett
Molykote Longterm Nr.2 Plus
Loctite 270
Loctite Anti-Seize
WD40
Bremsenreiniger
Benötigte Werkzeuge:
1x Federspanner 905.3.31.301.0
1x Ausdrücker Spurstangenkopf 905.3.33.502.0
1x Spreizer/Abdrücker Achse 905.3.33.404.0
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Drehmomentschlüssel (80Nm, 200Nm, 250Nm)
Schraubenschlüssel Maul und Ring
Ratschen/Nußsatz
Inbus (Ölschrauben)
diverses wie Schraubendreher, Zange, allgemein vorhandenes Werkzeug
Heißluftfön
Böcke
Wagenheber
Holz
Druckluft
mittlerer Hammer
dicker Hammer
Vorgehen laut Werkstatthandbuch:
So weit, so einfach.Ausbau:
1.Fahrzeug aufbocken und Rad abmontieren
2.Montagevorrichtung für Kraftwagenfeder Spezial-Werkzeug Pos.Nr. 905.3.31.301.0 anbringen (siehe Bild 2, Kapitel Vorderachse). Mit Wagenheber Radantrieb anheben und Feder auf ca. 280mm zusammenspannen.
3.Schwingungsdämpfer und Fangband lösen sowie zusammengespannte Feder abnehmen.
4.Bremsschlauch am Radantrieb abschließen und Bremsflüssigkeit in einem Gefäß auffangen.
5.Splint ausziehen, Kronenmutter zur Spurstange am Spurhebel abschrauben, Kugelzapfen mit Spezialwerkzeug Pos.Nr. 905.3.33.502.0 ausdrücken (Bild 5, Kapitel Vorderachse).
6.Dehnschrauben und Zentrierbolzen ausschrauben, Radantrieb mittels Spezialwerkzeug Pos.Nr. 905.3.33.404.0 aufkeilen und abdrücken (Siehe Bild 5, Kapitel Hinterachse).
Einbau:
Der Einbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge unter Beachtung nachstehender Punkte:
1.O-Ring erneuern (siehe Bild 3).
2.Verzahnung der Gelenkwelle mit Molykote Longterm Nr.2 Plus einfetten und Kugeln der Gelenkwellen einölen.
3.Achsfaust mit Spezialwerkzeug Pos.Nr. 905.3.33.404.0 aufkeilen.
4.Vor dem Aufschieben des Radantriebes Klemmstelle an der Halbachse mit Loctite Nr. 270 behandeln. (Alte Loctite-Rückstände an der Halbachse und in der Achsfaust vorher sorgfältig mit Schmirgelleinen entfernen !).
5.Lagerstellen in den Federkappen einfetten.
6.Zentrierbolzen, Dehnschrauben, Dämpfer- und Fangbandschrauben mit Loctite Anti-Seize besprühen. Dehnschrauben und Zentrierbolzen mit 250Nm (25kpm), Dämpfer- und Fangbandschrauben mit 200Nm (20 kpm) festziehen.Anmerkung: Beim Anschrauben des Fangbandes dieses nach innen drücken, um ein Streifen am Rad während des Durchfederns zu verhindern.
7.Kugelzapfen mit 80Nm (8 kpm) festziehen. Sitzflächen der Kugelzapfen müssen öl- und fettfrei sein.
8.Bremse entlüften.
9.Öl füllen. Um den richtigen Niveau-Stand bei Neufüllung zu erreichen, muß nach kurzer Fahrtstrecke von ca. 1 km der Ölstand kontrolliert und bis zur Höhe der Einfüllschraube nachgefüllt werden. Die Ölverminderung entsteht dadurch, daß ein Teil des Öles durch die Pumpwirkung der Zahnräder in die Achsfaust befördert wird und dort zur Schmierung der Gelenkwelle und Lenkbolzen dient.
10.Radmuttern mit 200Nm (20 kpm) festziehen.
Zu 1.-5.: Wir haben uns nicht 100% an die Vorgabe gehalten und erst ein Mal munter angefangen zu zerlegen. Nachdem ich am Freitag abend schon begonnen hatte alle Öle abzulassen, waren der linke Radantrieb und auch das vordere Differential schon leer. Also dicken Hydraulikheber von Engele drunter und zur Sicherung unter die Querträger Böcke mit Holz als Zwischenlage zur Materialschonung. Anzumerken ist daß man das Holz evtl. kleiner wählen sollte, denn insbesondere beim Lösen der Fangbandschraube und Ansetzen des hinteren Federspanners kommt der Bock einem sonst gern in die Quere.
Im Bild zu sehen sind der mittels kleiner Schraubzwinge und Zwischenhölzchen abgequetschte Bremsschlauch samt gelöster Verschraubung. So kann man das System autoseitig (Gummischlauch) von der Achsfaust (Metalleitung) trennen und es dringt möglichst wenig Luft ins Bremssystem ein, allerdings muß man aufpassen daß die ausgebaute Achsfaust nicht so gedreht wird daß der Rest aus dem Kolben läuft, entsprechend mehr muß man dann später nachfüllen und entlüften.
Den Spurstangenkopf abzudrücken wäre nicht zwingend notwendig gewesen, da man prinzipiell auch die Spurstange unter Einsatz regulären Werkzeugs am anderen Ende aushängen kann, hat diese dann aber die ganze Zeit mehr oder weniger im Weg. Wir haben zuerst den „normalen“ Ausdrücker von Gomi ausprobieren wollen, leider ließ sich dieser nicht weit genug öffnen um sowohl unter den Kopf als auch unter den Zapfen zu greifen. So kam ein Maulschlüssel mit recht flachem Kopf zum Einsatz der groß genug war um das fettgefüllte Gummi-UFO nicht zu beschädigen und trotzdem flächig die Kraft eines darunter gesetzten Wagenhebers auf den Spurstangenkopf zu übertragen (anderes Ende des Schlüssels mittels Hölzchen ebenfalls von unten gegen die Spurstange abstützen so daß der Schlüssel eine Parallele bildet unter die man den Heber ansetzt – hat da nicht einer der anderen Teilnehmer ein Foto von?). Während man den Druck nach oben erhöht immer locker mit dem Hammer Unterstützung geben, dann fluppts irgendwann.
Die Federspanner fummeln sich einigermaßen gut hinein und daß man auf sauberen Sitz der unteren Halbmonde ineinander sowie die korrekte Lage der oberen Krallen genau einander gegenüber achten muß versteht sich von selbst. Dann gleichmäßig beide Seiten anziehen, häufig kontrollieren daß alles sauber sitzt und die Feder symmetrisch gespannt wird. Es hat sich zwar während des gesamten Prozedere nichts anders bewegt als es sollte oder auch nur ein Geräusch von sich gegeben, trotzdem sollte man den Respekt vor den Riesenkräften die man da zusammen schraubt nie verlieren. So haben wir das Federpaket samt Spanner dann auch behandelt wie eine entschärfte Bombe und lieber hinter ein anderes Fahrzeug abgelegt wo niemand im Fall des Falles gefährdet worden wäre.
Zu 6.: Dann der spannende Teil. Der Zentrierbolzen der von vorn in die Achsfaust geschraubt ist und in eine Bohrung im Achsstummel greift zu entfernen war nur mittels Einsatz von WD40, sehr viel Wärme aus dem Heißluftfön, einigen beherzten Hammerschlägen sowie einem auf Maximum gestellten Druckluftschlagschrauber möglich – Zeitaufwand ca. 30min. Entsprechend haben wir später beim Einbau darauf verzichtet Loctite und 200Nm zur Anwendung zu bringen, insbesondere da der Bolzen lediglich Scherkräften ausgesetzt ist.
Weiter geht’s mit dem Abdrücker. Erst mal den Spreizer zwecks maximaler Wirkung ganz vorn komplett eintreiben.
Wir haben die Gewindestangen in den Aufnahmen an der Achsfaust handfest (nicht mit 200Nm) angezogen, allzu locker darf das auf keinen Fall sein sonst schert es dort sofort ab (wie eniac wahrscheinlich bei seiner Konstruktion schon hat erleben müssen).
Wenn man dann die Füße der Stempel so gegen das Differentialgehäuse positioniert hat daß die Wanderung beendet ist kann man auch hier wieder schon gleichmäßig anfangen Druck aufzubauen.
An dieser Stelle haben wir wiederum recht viel Zeit benötigt, da wir das Werkzeug nicht zerstören wollten, die Achsfaust aber bombenfest saß. Also wieder jede Menge Wärme, freundliches Anklopfen mit dem Hammer und irgendwann schob sich die Faust die ersten Millimeter vom Achsstummel.
Nach vollendetem Ausbau der Achse konnte nun der Dichtring am Radantrieb getauscht werden.
Hierbei ist zu beachten daß der Dorn der von unten in den Federteller greift auch gern recht fest sitzt, aber zum Tausch des Dichtringes ausgeschraubt werden muß. An sich war der Ring nicht komplett defekt, aber wenn man schon mal die Achse unten hat kann man dieses Teil auch gleich tauschen...
Nach dem Öffnen der Inbusschrauben am Differential kam auch sogleich die überschüssige Suppe herausgelaufen.
Allgemeines Staunen ob des unten in den Dichring quer eingelegten Metallwinkels – soll dieser Winkel den Gummiring gegen die Halbschalen am Ende des Achsstummels drücken und somit abdichten?
Wie sich zeigt setzt er jedenfalls den an und für sich runden und recht dicken Gummiring arg unter Spannung nach innen, was im Endeffekt auch an genau dieser Deformationsstelle zu Ermüdungsbrüchen im Gummi und damit zur Undichtigkeit geführt hat. Was haben sich die Ingenieure dabei bloß gedacht? (SDP-Crack? Pinzlinger? Anybody?)
Das Einsetzen des neuen Dichtsatzes stellte sich als erhebliches Geduldsspiel heraus, war doch der Durchmesser des neuen O-Rings nicht nur minimal sondern eindeutig kleiner als der der Nut in der er liegen sollte. Nachdem der erste dann auch bald trotz gründlichen Einfettens den Versuchen zum Opfer gefallen war, haben wir den zweiten (hatte zum Glück zwei Dichtsätze bestellt) dann vor dem 500W-Arbeitsscheinwerfer erwärmt und vorsichtig gedehnt, was endlich auch zum Erfolg geführt hat. Hoffentlich. Das Einsetzen des Metallringes fühlte sich jedenfalls sauber und gut an und das Ganze ist bis jetzt dicht.
Zusammenbau:
Zu 1.: Da der O-Ring nicht mitbestellt wurde, konnte er auch nicht getauscht werden, sah zum Glück noch recht gut aus.
Zu 4.: Eine Schraubensicherung auf die große Kontaktfläche zwischen Achsstummel und -faust aufzubringen fiel leider in Ermangelung von Material aus.
Zu 6.: Beim Zusammenbau habe ich die Erfahrung machen müssen daß ich nicht ganz dahinter steige wieso der Zentrierbolzen so konstruiert ist daß man ihn wirklich genau gar nicht zum Zentrieren benutzen kann. Dieser ist zum Kopf hin mit Gewinde versehen das in die Achsfaust greift und zur Spitze hin zylindrisch mit ca. 5mm 45°-Schulter am Abschluß (der ca. 2 cm tief in das Loch im Achsstummel gehört). Sinnvollerweise sollte doch der Bolzen so kurz sein daß man schon im Gewinde ist und mittels weiterem Einschrauben die Schulter des Bolzens die Zentrierung in die Bohrung des Achsstummels vornimmt oder? Der Bolzen ist aber so lang daß man höchstens mit dem Hammer etwas treiben kann, aber die angeschrägte Schulter kann nicht so weit genutzt werden daß man die letzten Millimeter Versatz auszentrieren könnte, da man schon mit dem Gewindeteil des Bolzens auf dem Innengewinde der Achsfaust aufliegt während die Schulter noch nicht komplett im Achsstummel ist. Prompt hats mir dabei trotz aller Vorsicht den Innengewindeansatz verdengelt, zwar wahrscheinlich nicht durch den Hammer sondern durch schräges Ansetzen ins Gewinde aber so oder so bedeutete dies einen zusätzlichen Zeitaufwand mehr als 1h. Ergo muß man die Faust manuell genau zentrieren bevor man den Bolzen eindrehen kann, also den gesamten Radantrieb mittels vorsichtigem Treiben per Hammer und ständigem Nachfühlen durch die Bohrungen genau auf Flucht bringen.
Zusätzlich gab es den Verlust des Innengewindes für die 200Nm-Fangbandschraube zu beklagen, das nicht sauber ausgeblasenen Spänen zum Opfer fiel – hoffentlich hält ein entsprechender Helicoil dieses Drehmoment aus. Glück im Unglück daß es das Gewinde auf der Fangbandseite war und nicht das für den Stoßdämpfer.
Zu 7.: Wieso denn öl- und fettfrei? Das Gummi-UFO ist doch komplett mit Fett gefüllt und so habe ich es mit einer Hand aufgedrückt und mit dem Finger noch Fett nachgedrückt. Beim Anziehen der Schraube ist die unten ausgeführte Gummilippe auch sauber in den Lenkhebel am Radantrieb gerutscht. Und wieso Plural? Da hats nur einen Zapfen?
Zu 8.: Wie auch schon an anderer Stelle im Forum zu lesen ist optimalerweise ein Adapter vorhanden mit dem man die Bremsflüssigkeit unter Druck ins System befördern kann. Wenn man sich des Bremspedals bedienen muß um Druck zu erzeugen sollte man tunlichst darauf achten nur kleine Bewegungen zu machen und das Pedal nicht weiter als im normalen Fahrbetrieb durchzudrücken, um zu verhindern daß im Hauptbremszylinder Grate die außerhalb des normalen Betätigungsweges liegen die Dichtungen des Kolbens beschädigen.
Zu 9.: Hier hat es mir gereicht bei komplett angehobener Vorderachse die Räder in beiden Richtungen einige Dutzend Umdrehungen zu drehen und konnte danach nur ganz minimal Öl nachfüllen. Das ist sicher nicht das absolut korrekte Vorgehen, aber ich werde in naher Zukunft den Ölstand eh noch ein Mal kontrollieren.
Ein wirklich produktives Wochenende - mit all den Erfahrungen die dort gesammelt wurden wäre die komplette Aktion nun sicherlich in weniger als der Hälfte der Zeit möglich. Andererseits ging wirklich viel Zeit für das Lösen festsitzender Schrauben und Teile drauf, die meiste jedoch für einen verwürgten Gewindeansatz
Vielen vielen Dank an all die fleißigen Helfer und besonders an Engele und seine Eltern die uns und unseren Autos Unterkunft und beste Versorgung angediehen ließen! Nächstes Jahr wieder?
Sonnigen,
Martin